Amokläufe: Ein Ergebnis vieler Faktoren

Nach jedem Amoklauf stellt sich eine, immer gleiche, Sammlung von Fragen: Wieso ist das passiert? Wieso musste mein Angehöriger sterben? Hätte man das nicht verhindern können? Wer ist Schuld, dass es zu dem Amoklauf kam?

Vor allem die letzte Frage offenbart schnell eine Vielzahl von Problemen und Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass es zu einem Amoklauf gekommen ist. Jeder für sich betrachgtet ist dabei als harmlos zu betrachten. Die Kombination aus dieser großen Anzahl an Faktoren ist jedoch von zentraler Bedeutung für einen Amoklauf. Dies beginnt möglicherweise bereits mit einer genetisch bedingten, neurologischen Grundlage, die heute noch kaum absehbar ist. So könnte möglicherweise manchen Personen eine angeborene Neigung zur Gewaltbereitschaft unterstellt werden.

Der nächste Faktor ist das häusliche Umfeld. Viele Amokläufer haben bereits hier mehr oder weniger Kontakt zu Gewalt. Diese kann sich in körperlicher Gewalt zwischen den Eltern, andauernden Streits oder unmittelbarer psychischer und physischer Gewalt gegenüber dem Kind äußern. Doch auch dieser Umstand lässt ein Kind nicht zu einem Amokläufer werden. Es kann jedoch nicht abgestritten werden, dass das Vorleben von Gewalt einen schlechten Einfluss auf Kinder hat und zumindest ihre Hemmschwelle zur Verübung eigener Gewalttaten herab setzen kann. Ein besonders problematischer Aspekt ist in diesem Zusammenhang ein Defizit bezüglich einer anerzogenen Sozialkompetenz. Wenn die Eltern bereits Gewalt in irgend einer Form vorleben, entwickelt ein Kind, welches in diesem Alter noch recht wenig reflektieren kann, beinahe automatisch antisoziale Tendenzen, die sich, unter unglücklichen Umständen, wie ein roter Faden durch das weitere Leben der Person ziehen können.

Die fehlende Sozialkompetenz äußert sich bald im schulischen Umfeld durch Probleme Kontakte zu knüpfen. Dadurch fehlt einem Kind oder einem Jugendlichen irgendwann jegliche Grundlage für eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft. Ein solcher Jugendlicher hat keine, weniger oder die falschen Freunde. Da die Schule und auch die Pubertät den heranwachsenden Erwachsenen vor immer weitere Probleme stellen, wäre dies der Zeitpunkt, an dem die Person einen echten Ruhepol dringend nötig hat. Diesen findet der Jugendliche jedoch weder zuhause noch in der Schule und ist mit allen Problemen und Sorgen alleine. Einige besonders negative Erfahrungen, wie Mobbing durch einzelne Personen, können dabei das seelische Trauma noch weiter steigern und sich letztlich zu einem Hass gegenüber bestimmten Personengruppen entwickeln.

Spätestens an dieser Stelle ist eine intensivhe psychologische Betreuung zwingend notwendig. Diese wird dem Jugendlichen jedoch nur selten, oder zumindest in einem völlig unzureichenden und ungenügend fachkundingen Umfang geboten, wie es beim Amokläufer von Winnenden der Fall war.

Durch die soziale Isolation findet ein Jugendlicher schließlich wenig sinnvolle Beschäftigungen und verkriecht sich oftmals an seinen Computer. Hier führen die übrigen Faktoren bald dazu, dass Gewaltspiele bzw. konkret Ego-Shooter wie Counter Strike gespielt werden, die an diesem Punkt lediglich nur noch als Indizien für eine mögliche Gewaltbereitschaft dienen können.

An diesem Punkt hängt die Zukunft nur noch von Faktoren ab, die nicht mehr kontrollierbar oder überhaupt vorhersagbar sind. Dies resultiert letzlich darin, dass ein mögliches Schlüsselerlebnis, wie eine unsachgemäß aufbewahrte Waffe, welches unter normalen Umständen harmlos wäre, zu einem Amoklauf führt.